Wednesday 6 December 2006

Zur Rolle und Funktion der Musik und Musikerziehung im Leben der Menschen (German)

Lech Kolago Polish ISME, Professor, University of Warzawa In verschiedenen Kulturkreisen, Gruppen, Völkern und Nationen sucht man eifrig nach neuen Formen der Kommunikation zwischen den Menschen. Technologisch gesehen leben wir in einer Zeit, in der sich die Welt von Jahr zu Jahr, ja sogar von Monat zu Monat verkleinert und vereinheitlicht. Dazu tragen sowohl die Erfindung neuer schneller Transportmittel als auch die technisch-wissenschaftliche Entwicklung und ein enormer Fortschritt im gesellschaftlichen und kulturellen Leben bei. Die rasche Entwicklung elektronischer Geräte, mit deren Hilfe Erziehungsmuster, Handlungsmuster, Verhaltensmuster vorgeschlagen werden können, sowie die Bedeutung der Massenmedien verursachen die Entstehung von anderen Verhaltensweisen der Menschen. Die Urbanisierung und Industrialisierung verursachen die Entstehung neuer Denkformen, Freizeitgestaltung, Aktivitäten, Massenkultur. Auf dem Gebiet der Musikerziehung bedeutet das die Entstehung von ganz neuen Unterrichtsmethoden, künstlerischen Gattungen und Strukturen, kulturellen Inhalten und synthetischen Formen der Gestaltung. Dafür werden neue Ausdrucksmittel, neues Material und neue Techniken verwendet. Die Welt vereinigt sich, und wir stehen vor der Aufgabe, einen neuen Humanismus zu bauen, der sich nicht nur in der Verantwortung des Menschen gegenüber seinen Zeitgenossen und Mitmenschen ausdrückt, sondern sich ebenso auch in dem durch die Entwicklung der Beziehungen zwischen verschiedenen Völkern verbesserten Zugang zu den Werten und Schätzen unterschiedlicher Kulturkreise äußert. Hier entsteht ein wesentlicher Bildungsanspruch an Musik. Das Problem besteht nun darin, inwieweit man sich für das “Fremde“ öffnet, was akzeptiert, entlehnt und assimiliert, was verschmolzen und durchdrungen, was abgeworfen wird, wieweit man die Identität der eigenen Kultur noch beibehält oder bewahren kann. Der moderne Mensch fühlt sich immer mehr verloren in den veränderten, komplizierten und mechanischen Bedingungen des Lebens. Dazu tragen ein ökologisches Krisenbewußtsein und technologische Herausforderungen wesentlich bei. Diese tiefgreifenden Veränderungen erfordern das Aufstellen neuer Programme und Konzepte der Bildung der jungen Generation. Dabei kann die Musikerziehung als Universitätsfach und fester Wissenschaftszweig durch eine interdisziplinäre Fundierung große Dienste erweisen. Der Bau eines neuen Humanismus soll sich in der Verantwortung des Menschen gegenüber seinen Zeitgenossen und Mitmenschen ausdrücken. Die Musikerziehung hat dabei wichtige Aufgaben zu erfüllen: den Aufbau einer interkulturellen Kommunikationsfähigkeit, das Vertrautwerden mit fremden Kulturen, Entwicklung der Toleranz gegenüber den anderen, Entwicklung des Zusammengehörigkeitsbewußtseins durch Anerkennung der auf gemeinsamer Geschichte und gemeinsamer Kultur gegründeten Identität, Erhaltung und Stärkung kultureller Vielfalt der Nationen, z.B. in geographischen Regionen. Ein solches Anliegen bedarf nicht nur der Pflege der Tradition, sondern auch ihrer Deutung. Im Prozess dieser interkulturellen Begegnungen soll die Vorbereitung der Menschen auf die Auseinandersetzung mit in- und ausländischem Kulturgut angestrebt werden. Verschiedene Kulturen können jene Ebene bieten, auf der sich der interkulturelle Dialog vollzieht. Musikerziehung ist ein pädagogisches Konzept, das kulturpädagogische Ideen initiiert und fördert. Sie ist jener Wissenschaftszweig, der sich im Dialog der Kulturen als sehr praktisch erweist, denn er ist nicht auf das Kulturspezifische begrenzt, sondern interkulturell orientiert. Er fördert den Aufbau einer interkulturellen Kommunikationsfähigkeit. Durch die hier gebotene Auffassung der Funktion der Musikerziehung hoffe ich, zu einer besseren Erkenntnis und darüber hinaus zu einer Verständigung der Völker beizutragen.

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